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ISE BRANDT
wachsam mit Scharfblick.
Furchtsames Langohr?
Vorbemerkung: Kaninchen gehören ja bekannterweise zu den Hasenartigen, von denen Wissenschaftler oder Schissenwaftler behaupten, sie seien äußerst ängstlich, nähmen bei großer und auch kleinster Gefahr panikhaft Reißaus. Ob dies richtig ist, lasse ich vorerst dahingestellt.
Nun die Geschichte: Unser Kaninchengehege (Es ist so krumm uns schief, dass man es als Kunstwerk betrachten kann.) ist als katzensicher konstruiert. Rundherum und oben (Dach) ist es augenscheinlich lückenlos mit engmaschigem Maschendraht umgeben. Es beherbergt eine Langohrmutter mit fünf Kindern.
Dies geschah vor ca. drei Wochen, als die Babys gerade mal zwei oder drei Tage alt waren:
Ich betrat das mit Kanickeln bestückte Einfamilienhaus, um Fressbares zu kredenzen. Dort sah ich aus einer Nische hervoräugend einen großen schwarzen Kopf. Ich erkannte, dass es sich nicht um das Muttertier handelte. Meine Überlegung war: "Nanu? Dies ist doch die Behausung von nur einer ausgewachsenen Hasenartigen. Und warum hat dieses Kaninchen denn so kurze Ohren?" Ich fragte: "Wer bist du denn?"
Das angesprochene Tier sprang hervor in Richtung des mit Wolle ausgepolsterten Kinderbetts und entpuppte sich als eine unserer großen schwarzen Katzen. Ich schnauzte den Minitiger an: "Raus hier!"
Doch bevor ich aktiv handeln konnte, agierte die hasenartige Mutti. Sie fauchte mit undefinierbaren böse klingenden Lauten. Sie hatte einen durchdringenden Gedanken, dessen Frequenzen bis in mein Hirn drangen: Attacke! Die ansonsten so friedliche und fürsorgliche Mama war abrupt rasend wütend. Sie verwandelte sich in eine aufs Äußerste aufgebrachte Furie. Sie sprang mit Kraft das Katzenvieh an, setzte ihre Nagezähne und mit Krallen bewehrten Vorderpfoten ein, biss und kratzte so, dass Katzenhaare durch die Luft wirbelten. Sie hegte mörderische Gedanken: "Du willst meine Kinder fressen, du Gesäßfidel. Ich murkse dich ab!"
Die Katze versuchte zu flüchten. Sie rannte vor Angst bebend das Drahtgitter rauf und runter, fand aber nicht mehr die Lücke, durch die sie hereingekommen war. Ich sah mich veranlasst, nun das Leben der Eingedrungenen vor tödlicher Gefahr zu retten und öffnete die Tür des Kaninchenwohnhauses. Der Minitiger flüchtete schreiend panikhaft hinaus und verschwand rennend Richtung Wiese und Wald.
Dann lobte ich die Mutter. Aufgrund ihrer Kraftanstrengung keuchte sie noch, kam jedoch ziemlich schnell wieder zu ruhigem Atem und legte sich schützend auf ihre Babys.
Damit hat sich wohl die Frage, ob Hasenartige stets furchtsame Wesen seien, beantwortet.
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